Der Nationalpark Corcovado ist in ganz Costa Rica einer der grössten Nationalparks. Er belegt etwa zwei Drittel einer ganzen Halbinsel an der Westküste von Costa Rica. Mit seiner Grösse erlaubt er auch die Beherbergung von grossen Raubkatzen, die sonst nicht mehr unbedingt anzutreffen sind in den kleineren Nationalparks. Unsere Erwartung ist jetzt nicht, dass wir auf einen Puma treffen, aber ein sehr wilder und grosser Nationalpark lässt die Erwartungen doch etwas steigen. Auch die Tatsache, dass man den Nationalpark nur mit Guide betreten darf und die Guides relativ teuer sind, steuern zu höheren Erwartungen bei.
Zuerst müssen wir allerdings mal die Anfahrt schaffen. Da der Nationalpark Corcovado von zwei Orten erreichbar ist entscheiden wir uns für die beschwerlichere Anfahrt zum schöneren Ort der beiden: Drake Bay.
Anfahrt und Wildcampen unter Kokospalmen
Die Anfahrt zum kleinen Küstenort Drake Bay gestaltet sich durch unsere Routenwahl schwieriger als gedacht. Als erstens wollen wir die sehr einfache Fähre in Sierpe nehmen. Das funktioniert, jedoch wird das Ausbooten schwierig, da wir mit unserem Gewicht beim ersten Versuch im weichen Flussbeet stecken bleiben. Beim zweiten Mal mit Schwung und Vertrauen in die Mechanik unseres Vans klappt die Fahrt runter vom Boot am anderen Flussufer. Die erste Hürde ist also geschafft. Jetzt sind es nur noch 47km unbefestigte Strasse mit mehr oder weniger steilen Hügeln.
Wir kommen entsprechend dem Gelände gemächlich, aber stetig voran. So können 47km schnell mal fast drei Stunden dauern. Und das auch nur wenn alles reibungslos klappt. Und schliesslich der Schreckmoment: Der letzte steile Anstieg vor Drake Bay ist mit besonders viel losem Geröll in einem bescheidenen Zustand für unseren vollgeladenen Van nur mit Hinterradantrieb. Beim ersten Versuch haben wir auch unseren Schreckmoment: Wir bleiben nach etwa einem Drittel mitten im Hang stecken und rutschen zeitweise rückwärts die steile Strasse herunter. An ein Anfahren ist nicht zu denken, nur zurück geht es (mit Mühe), um einen zweiten Versuch zu starten. Eine Umfahrung ist mit etwa 40km auch nur ein Plan C oder D und nicht unbedingt die verlockendste Option so kurz vor dem Ziel. Nach einer eingehenden Begehung der fraglichen Stelle und der Ermunterung durch Locals inklusive einem echten Plan B – es gäbe eventuell einen Traktor im Dorf der uns hochziehen könnte, wenn wir es nicht schaffen – versuchen wir es nochmals. Beide Augen zu, die Linienwahl über das Geröll genau so wie vorher geplant und im ersten Gang mit viel Schwung klappt auch diese Passage. Das nächste Mal schauen wir zwei Mal bevor wir in so eine Stell reinfahren!
Der Platz in der Drake Bay entschädigt für all diesen Nervenkitzel auf der Anfahrt. Direkt unter Kokospalmen stehen wir perfekt am Meer. In zwei Schritten sind wir im Meer und direkt aus unserem Campervan Ben sehen wir ständig die Aussicht über die Bucht mit den Booten. Ok, perfekt bis in der dritten Nacht zwei Kokosnüsse auf unser Auto fallen. Jetzt weiss auch Ben, dass Kokosnüsse schwer und hart sind. Zwei Kokosnüsse ergeben zwei Dellen auf dem Dach. Es ist zum Glück nichts Funktionales beschädigt wie ein Dachfenster oder Solarpanel. Da es seit unserem Start der erste Blechschaden ist und dieser nicht sichtbar ist von „unten“ können wir alles so lassen wie es ist. Für das nächste Mal: Wirklich nicht unter Kokosnüssen parkieren, auch wenn die Palmen noch so angenehmen Schatten spenden!
Nationalpark Corcovado
Wir sind erst in der Drake Bay, einem Ort mit ein wenig Tourismus als Ausgangsort, um in den Nationalpark aufzubrechen. Von hier ist die Rangerstation Sirena nochmals etwa 1h 15 Min. mit dem Boot entfernt. Entsprechend müssen wir eine Tour buchen inklusive Guide. Sowieso darf dieser Nationalpark nur mit einem Guide besucht werden. Gesagt getan. Die Tour startet aussergewöhnlich spät erst um 08:30 Uhr. Die meisten Tiere, würden wir erwarten, würden wir aber in den frühen Morgenstunden sehen. Aber gut, es stellt sich dann auch heraus, wieso der Start nicht unbedingt früher war: Die Gruppen laufen alle die gleichen zwei kurzen Wege, halten bei der Station im Park an für das Mittagessen und anschliessend wird eigentlich schon fast wieder der Rückweg zum Boot eingeschlagen. Die Tiere werden durch die verschiedenen Guides mehr oder weniger an alle Gruppen weitergereicht. Wir können zwar einige Tiere sehen: Wir kommen am Schlafplatz eines Tapirs vorbei, verschiedene Affengruppen kreuzen unseren Weg und wir können einen Tucan wirklich nah und später im Flug sehen. Dies ist eindrücklich, aber mit so viel Menschen um uns herum ist es jetzt auch nicht viel anders als ein Zoobesuch. Einzig die Gehege fehlen. Eine Schlange verschlingt gerade ihr Mittagessen: Einen Frosch. Und schnell bildet sich eine grössere Menschentraube um die Schlange um das Schauspiel zu sehen. Alles in allem hätten wir uns gewünscht, dass sich die Gruppen besser verteilen und so das Erlebnis naturnaher wird. Für einen stolzen Preis von 115 US-Dollar pro Person können wir damit den Nationalpark nur sehr eingeschränkt weiterempfehlen. Alles in allem hätten wir uns wirklich mehr von diesem Nationalpark erhofft, aber wie immer; Grosse Erwartungen können auch grosse Enttäuschungen mit sich ziehen – also besser mit kleinen oder gar keinen Erwartungen in ein Abenteuer starten.
Mit diesem sehr bekannten Nationalpark von Costa Rica verabschieden wir uns aus dem Land. Uns hat Costa Rica alles in allem sehr gut gefallen. Wir fühlen uns hier sicher und zu unserer Überraschung kann in diesem Land sogar das Leitungswasser, mit dezentem Chlorgeruch, getrunken werden! Ein Luxus nach den anderen zentralamerikanischen Ländern. Mit unserem Camper können wir zum Glück die grössten Touristenströme umfahren, so dass wir mit dem vorhandenen Massentourismus nicht so stark in Berührung kommen, beim Backpacken in Hostels und Hotels wäre das allenfalls ein Punkt der unsere Eindrücke von Costa Rica getrübt hätte. Aber so: Wir sind glücklich in Costa Rica fast einen ganzen Monat verbracht zu haben!
Bis bald aus dem nächsten Land auf der Panamericana in südlicher Richtung – bereits das letzte Land in Zentralamerika bevor es nach Südamerika geht!
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