Wir sind nun ein ganzes Stück weiter gegen Süden gefahren. Entsprechend befinden wir uns nun im Süden von Ecuador in der drittgrössten Stadt Cuenca. Diese Stadt hat einen merklich anderen Charakter als die meisten Städte in Ecuador. Der Wohlstand ist allein vom Erscheinungsbild einiges höher und an vielen Orten der Altstadt von Cuenca werden wir an eine z.B. an spanische Altstädte erinnert. Wir fühlen uns direkt wohl hier und entscheiden wohl einige Nächte zu bleiben, um uns nach den beiden Nationalparks Cotopaxi und Chimborazo etwas von der Höhe zu erholen.
Thermalbad in Cuenca
Direkt bei der Ankunft in Cuenca werden wir von unserer Gastgeberin überrascht. Wir kommen an einem Montag an und an Montagen ist im besten Spa von ganz Cuenca der Eintritt für Ausländer halbiert. Also machen wir kurzentschlossen zusammen mit einem kanadischen Pärchen eine Spa-Tour mit rotem und blauem Schlamm sowie verschiedenen Heiss- und Kaltwasserbecken. Und wir probieren eine weitere Neuheit für uns aus. Wir haben sie schon einige Male gesehen aber waren immer etwas skeptisch: ein Dampfbad in einer Holzkiste. So wird es auch angepriesen und wir haben den spanischen Begriff wörtlich übersetzt. Das Dampfbad ist etwas eigenartig. In sitzender Position werden die Holzklappen vorne und an der Oberseite geschlossen. Nur unser Kopf ragt durch ein Loch nach aussen. Das ergibt zweierlei Vorteile. Einerseits können wir so frei und kühl atmen. Und zweitens kann so jeder Gast des Thermalbades seine Dampfbadtemperatur über einen Regler im inneren der Kiste selber einstellen. Auf Dauer ist aber die eingeschränkte Bewegungsfreiheit nicht ganz so entspannend. Wir sind froh, das Dampfbad in der Holzkiste ausprobiert zu haben, aber auch nicht abgeneigt nach 15 Minuten wieder aus der Kiste entlassen zu werden.
Das ganze Thermalbad ist sehr schön gestaltet und wir verbringen nach der geführten Spa-Tour noch eine ganze Weile in den Aussenpools und im türkischen Dampfbad – ganz klassisch ohne Holzkiste. Und geniessen dabei den Austausch mit den zwei Kanadiern, die uns heute Nachmittag begleiten.
Dieser Überraschungsbesuch im Spa lässt uns richtig tiefenentspannt in Cuenca angekommen.
Hutmuseum des Panama-Hutes
Cuenca ist besonders für verschiedene Handwerke bekannt. Das herausragendste Handwerk ist sicherlich die Hutmacherei. Die weltbekannten Panama-Hüte werden in der ganzen Provinz rund um Cuenca hergestellt. Er ist eine besonders feine Art des Strohhutes und wird in verschiedenen Güteklassen hergestellt. Je nach Feinheit des Strohgeflechts variieren auch die Preisklassen, da es doch eine substanzielle Zeit dauert, um die feinsten Panama-Hüte zu flechten. Zusätzlich wird das spezielle Toquillastroh verwendet, was den Panama-Hut mit originaler Herkunft aus Ecuador zusätzlich einzigartig macht.
Wir besuchen in Cuenca eine Hutmacherei mit eigens dafür eingerichtetes Hutmuseum, wo wir die verschiedenen Fertigungsschritte sehen können. Die Rohlinge für die Hüte sehen zuerst recht unspektakulär aus. Erst mit den vielen Veredelungsschritten wie Bleichen, Verschliessen der Ränder, Formpressen und schliesslich Anbringen des Hutbandes entstehen Stück für Stück Einzelstücke einer traditionellen Handwerkskunst. Und natürlich stehen eine ganze Menge fertiger Hüte zum Anprobieren und Verkauf bereit. Wir probieren einige, aber der Verkäufer ist dann schon etwas erstaunt über unsere Frage, ob wir den Hut auch falten könnten. Wir haben einfach keine freie Hutablage im Campervan Ben um den kostbaren Hut auch gebührend durch die Anden zu fahren. Verstanden haben wir vom höflichen Herrn, dass es den Hut kaputt macht, wenn man ihn faltet; und unterschwellig wäre es wohl doch eine kleine Beleidigung der Handwerkskunst gegenüber einen prächtigen Panama-Hut zu falten.
Festival Corpus Cristi mit den Süssigkeiten
Die nächste Überraschung, welche Cuenca für uns bereithält ist das Fest zuhanden des Christlichen Feiertags Fronleichnam. In Cuenca wird nicht nur Fronleichnam, sondern eine ganze Woche gefeiert. Dies geht Hand in Hand mit dem überaus grossen Süssigkeiten Markt rund um den Hauptplatz von Cuenca. Traditionell ist das kirchliche Fest eng mit Süssspeisen aller Art – vorzugsweise Süssigkeiten und Süssgebäck verwoben. So kommen wir in den Genuss eines echten Süssigkeitenspektakels. Die Stände bilden einen einzigen Zuckertsunami, welcher die Strassen und Gassen rund um die Kathedrale und den Hauptplatz füllen. Wir trauen der ganzen Geschichte jedoch nicht so recht, wir probieren vorwiegend mit den Augen und weniger mit unseren Mündern. Für Schleckmäuler ist das ein echtes Paradies!
Zusätzlich wird jeden Abend Feuerwerk abgebrannt. Auch das zu unserer grossen Überraschung. Ohne jeglichen Sicherheitsabstand zu den Festbesuchern brennt das Feuerwerk auf einem besonderen Gestell mitten in der Menschenmenge ab. Immerhin ist irgendwo in einer Seitengasse ein Feuerwehrwagen präsent, aber warum nicht. Die Latinos sind halt einfach etwas entspannter und lebensfroher als die Europäer.
Schön ist auch, dass wir hier in Cuenca einige Reisende treffen, die wir bereits an anderen Orten in Ecuador kennenlernen durften. Und sogar ein deutsches Pärchen, welches wir zuletzt an der Grenze zu Honduras (erinnert ihr euch an unsere 6 Stunden Wartezeit beim Grenzübergange nach Honduras?) kennengelernt haben, treffen wir wieder. Die beiden sind mit Motorrädern unterwegs und haben ihren fahrbaren Untersatz von Panama aus nach Chile fliegen lassen und sind von da wieder nordwärts gefahren. Und per Zufall treffen wir hier in Cuenca wieder aufeinander.
Mit diesen Erlebnissen brechen wir bald auf zu unserer nächsten Destination in Ecuador. Wie so oft bei unseren Reiseplänen: Nach der Stadt kommt wieder die Natur zum Zug. Wir freuen uns, die Natur der Anden und hier in Ecuador ist einfach eindrücklich.
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