Im südwestlichsten Teil von Bolivien, nah an der Grenze zu Chile endet unsere Reise durch Bolivien. Aber nicht bevor wir ein weiteres landschaftliches Highlight für mehrere Tage geniessen können. Die Lagunenroute ist unter Overlandern, wie auch diesbezüglich interessierten Touristen weltweit bekannt. Im südlichen Teil des Altiplanos erstrecken sich viele Berge über 5’000m Höhe und dazwischen eingebettet liegen unzählige Lagunen. Daher der Name: Lagunenroute, um von Bolivien nach Chile zu gelangen.
Unwirtliches Gelände und wenig unterhaltene Strassen
Das vorläufig letzte Abenteuer in Bolivien beginnt ganz unscheinbar. Wir starten in Uyuni in südwestlicher Richtung auf einer grossen Strasse. So kommen wir schnell voran bis wir schliesslich den Abzweiger zur Lagune Cañapa nehmen. Schnell verändern sich die Strassenverhältnisse und wir verlangen unserem Campervan Ben alles ab. Tiefe Spurrillen, weicher Sand und starke Steigungen mit engen Kurven. Viele hätten wohl gedacht das sei nur mit 4×4 und dem ganzen Schnickschnack eines richtigen Offroaders zu bewältigen. In der nassen Jahreszeit: Uneingeschränkt ja, vielleicht kommt man dann nicht mal mit einem Jeep durch das Gelände. In der trockenen Jahreszeit Ende September bei unserem Besuch: Es geht mit Geduld und guter Spurwahl (fast) genauso gut mit unserem Sprinter. Abenteuerlich ist es aber allemal – wir geniessen die Abgeschiedenheit und die Möglichkeit mit unserem Campervan all das zu erleben. Nun, wir sind wegen der Natur hier, viele Lagunen und mindestens so viele Flamingos begleiten uns auf unserem Weg zwischen den 5’000m hohen Gipfeln hindurch die letzten ungefähr 350km durch Bolivien.
Unsere eigene Lagunenroute
Wir wählen nicht die direkte Route, da wir so ein, zwei schöne Lagunen verpassen würden. Unsere Lagunenroute führt uns über die Lagune Cañapa, zur Lagune Hedionda, der Lagune Negra an die Lagune Honda. Da verbringen wir unsere erste Nacht – wiederum auf 4’200m Höhe. Die Nächte hier werden sehr kalt, eine Probe sowohl für unser Wassersystem (hoffentlich friert nichts ein) als auch für unseren Dieseltank. Für den Diesel haben wir vorgesorgt; Zum einen haben wir uns bereits in Peru einen Zusatz für die kalten Temperaturen besorgt. Der Diesel in Bolivien ist recht schlecht und dickt bei kalten Temperaturen noch schneller ein als der gute europäische Diesel. Zum anderen parkieren wir so, dass die Motorhaube und der Dieseltank in Richtung Sonnenaufgang stehen, so dass der Diesel so früh wie möglich von der Sonne gewärmt werden kann.
Am nächsten Morgen brechen wir gemächlich auf, gleich als erstes bestaunen wir die Lagune Ramaditas. Dann verlassen wir die Westroute durch die Lagunen und queren in östlicher Richtung vorbei an der Lagune Cachi zur Lagune Pastos Grandes. Hier machen wir bereits wieder einen nächsten Übernachtungsstopp, da wir einerseits die Landschaft so sehr geniessen und andererseits auch nicht zu früh an der chilenischen Grenze stehen sollten, da die obligatorische Versicherung erst in ein paar Tagen mit der Deckungsperiode beginnt.
Als nächstes nehmen wir den Weg zur Lagune Capina unter die Räder, gefolgt von der Lagune Hedionda – die Zweite. An dieser Lagune stehen wir wiederum frei und ohne grossen touristischen Rummel, herrlich die Natur so für uns zu haben. Einzig 100 und 1 Flamingo leisten uns Gesellschaft. Unsere Lagunenroute führt uns weiter vorbei an der Lagune Kollpa zu den bekannten Lagunen Salada und Chalviri. Auf unserer Zickzackfahrt durch den Nationalpark Eduardo Avora nehmen wir jetzt den Weg zur berühmten Lagune Colorada. Der Weg hat es in sich, auf dem Hinweg fahren wir uns wegen einem Fahrfehler fest: Jetzt ist Räderausgraben angesagt. Auch sonst ist der Weg vom Süden her zur Lagune Colorada der bisher schlechteste im ganzen Nationalpark, obwohl die Strassen durchgehend miserabel sind. Auch auf dem Rückweg von der Lagune Colorada in östlicher Richtung zur Hauptverkehrsachse durch den Nationalpark bleiben wir ein zweites Mal im tiefen Sand stecken. Die Steigung und die grossen Wälle aus losem Sand, Kies und Steinen verlangen uns und unserem Campervan Ben einiges ab, bis wir wieder frei sind und einen zweiten Anlauf durch die prekäre Passage starten können. Diesmal klappt alles und wir sind wieder im Rennen. Schon ein bisschen ironisch, dass wir zu den abgelegensten Lagunen fahren können, aber bei der bekanntesten und meistbesuchten Lagune fahren wir uns gleich zweimal fest.
Jetzt geht’s noch zu den Geysiren, danach zu einem natürlichen Thermalbad bevor wir uns kurz vor der Grenze die letzten beiden Lagunen auf unserer Route, die bekannten Lagunen Verde und Blanca, anschauen.
Wenn Du als Leser mitgezählt hast kommst Du wohl ebenfalls auf 15 Lagunen innerhalb dieser überschaubaren Strecke. Die Landschaft ist wirklich atemberaubend schön, als Abenteuerlustige würden wir sofort wieder auf die Lagunenroute fahren, allerdings eher mit einem Jeep als mit unserem eigenen Campervan. Wir sind froh, dass unser Van das alles heil überstanden hat. Die Destination lohnt sich, mit dem eigenen Campervan jedoch eher nicht da die Beanspruchungen an die Substanz einfach enorm sind.
Flamingos auf über 4’000m
An den meisten Lagunen sehen wir die typisch rosafarbenen Flamingos. Da Flamingos Zugvögel sind war es wohl kein Zufall, dass sich die Flamingos hier niederlassen, sie hätten die Kapazität, um in tiefere oder wärmere Regionen zu fliegen. Aber das Futter um die vielen Lagunen kombiniert mit wenigen Fressfeinden lässt sie wohl hierbleiben. Für uns Touristen bietet sich so ein eindrückliches Schauspiel in quasi jeder der von uns besuchten Lagunen. Überall und immer wieder begegnen wir auch grösseren Gruppen Flamingos, die ihren Schnabel auf der Futtersuche durch das seichte Wasser und den Uferschlamm ziehen.
Eine besondere Art Flamingos gibt es hier hoch oben in den Anden ebenfalls: Flauschige Flamingos. Die regulären Flamingos haben ein normales, glattes Federkleid. Eine besondere Art der Flamingos hat sich aber wohl so an die Höhe und kalten Temperaturen angepasst, dass ihre Federn nicht mehr glatt, sondern flauschig und buschig sind. Dies hilft nach unserer Vermutung sicher auch gegen den stetig zügigen und kalten Wind. Und eine weitere Besonderheit können wir in manchen Lagunen beobachten. Über Nacht fallen die Temperaturen unter 0°C, in unserer ersten Nacht zum Beispiel auf etwa -7.5°C. So frieren die z.T. sehr flachen Lagunen über Nacht zu. Die Flamingos scharen sich dann an einer Stelle der Lagune zusammen, um sich warm zu geben. Dabei werden aber ihre Füsse in der Lagune miteingefroren. Erst am nächsten Morgen nach etwa 3h Sonnenschein gegen 9 Uhr könne die ersten Flamingos sich wieder befreien und sich frei bewegen. Spannend wie sich dieses Verhalten offensichtlich bei den bolivianischen Flamingos auf der Lagunenroute normalisiert hat.
Geysire und Salvador Dali Wüste
Bei unserer Fahrt durch das Altiplano auf der Lagunenroute in Bolivien kommen wir noch an weiteren Naturspektakeln vorbei. Einerseits finden wir direkt am Strassenrand ein Geysirfeld vor. Unzählige heisse Schlammlöcher, einige blubbern richtiggehend, erwecken unsere Aufmerksamkeit. Aus diversen Schlünden treten heisser Wasserdampf gemischt mit verschiedenen Gasen unter beeindruckendem Getöse aus dem Erdinnern. Gerne beobachten wir das Schauspiel. Wir sollten aber nicht länger als 30 Minuten verweilen, da die heissen Gase wohl giftig sind. Es liegt auch durchwegs ein schwefliger Geruch in Nase. Damit wir unsere Gesundheit nicht gefährden machen wir ein paar Fotos, nehmen einige Eindrücke auf und setzen dann aber schnell unseren Weg in südlicher Richtung fort.
Die Landschaft bleibt immerwährend karg und unwirtlich. So unwirtlich, dass wir tatsächlich noch durch eine echte Wüste auf über 4’000m fahren: Die Salvador Dali Wüste. Sandig, staubig und steinig war schon der ganze Weg der Lagunenroute. Für unser Dafürhalten könnte auch die ganze Region als Wüste bezeichnet werden. Es ist wohl eine Definitionsfrage für Geologen, warum ausgerechnet diese Region als ausgezeichnete Wüste fungiert und der Rest nicht. Wir haben schon unzählige Stellen mit weichem Sand und Schlaglöchern gefüllt mit feinstem Staub auf unserer Lagunenroute passiert. Hier hat es einfach noch ein Quäntchen mehr Sand. Die Eindrücke sind trotzdem einmalig und aussergewöhnlich schön. Wir geniessen die Landschaft immer noch!
Adios Bolivia, hola Chile
Auf Wiedersehen Bolivien und Hallo Chile – so verabschieden wir uns mit schönen und eindrücklichen Erlebnissen und Erinnerungen aus Bolivien. Als nächstes führt uns unser Weg über einen einsamen Grenzposten mitten im Nirgendwo nach Chile. Wir sind gespannt, einiges haben wir von anderen Reisenden an Geschichten über Chile gehört – wir glauben aber nichts bevor wir deren Geschichten nicht selbst erlebt haben. Oder hoffentlich auch nicht, da besonders der Norden Chiles nicht der sicherste Teil des Landes sein soll und häufig Bestandteil solcher Reisegeschichten ist. Wir berichten wieder, wie unsere Reise weitergeht!
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