Als nächstes besuchen wir auf unsere Südamerikareise eine wunderschöne Region mit extrem viel Leben: Das Pantanal in Brasilien. Der Name tönt spektakulär und für uns exotisch, aus dem Portugiesischen übersetzt heisst es aber abgeleitet von pântano gerade mal Sumpf oder Sumpfregion. Es ist das grösste Binnenland-Feuchtgebiet der Erde. Unser Vorteil ist, dass wir zur Trockenzeit im Pantanal sind, so sind die Schotterpisten besser befahrbar oder überhaupt befahrbar für uns. Ausserdem hat es zu dieser Jahreszeit nur sehr wenige Wasserlöcher, so dass mehr Tiere an den einzelnen Tümpeln zu beobachten sind.
Einzigartige Tiervielfalt
Im Pantanal kommen wir so richtig in den Genuss der riesigen Biodiversität von Brasilien. Durch die schiere Grösse, sowie die weltbekannten Dschungelregionen wie eben das Pantanal, oder der noch bekannteren Amazonasregion, überrascht dieser Fakt vielleicht weniger. Uns erstaunt schon am ersten Tag der Erkundungstour durch das Pantanal wie viele Wildtiere wir teilweise aus nächster Nähe betrachten können. Wir starten im Süden vom Pantanal in der Hafenstadt Corumbá. Ja richtig, in Brasilien gibt es typischerweise auch weit im Landesinnern Hafenstädte, da viele der Dschungelregionen besser über Flüsse als über Strassen erreichbar sind, besonders in der Regensaison, die doch gut 1/3 des Jahres ausmacht.
Bald nach Corumbá biegen wir auf eine Schotterstrasse ab. Ab hier beginnt die Wildnis. Fast, denn Wildtiere und extrem weitläufige Farmen mit Kuh- und Rinderherden scheinen sich hier nicht gegenseitig auszuschliessen. Bereits am ersten Tag beobachten wir den grössten Tukan, den Riesentukan, nahe der Strasse in auf einem Ast sitzen. Und etwas später sehen wir noch etliche weitere Tucane, bei Wasserlöchern am Trinken oder am Früchte picken. Sehr eindrücklich, so haben wir uns das zwar erhofft, aber keinesfalls erwartet. Neben Tucanen sehen wir ausserdem grosse Jabirus, eine spezielle Art von Storch mit einem charakteristischen schwarz-roten Hals. Den Rosa Löffler, der von weitem wie ein Flamingo aussieht, bei näherer Betrachtung erkennt man aber den breiten Schnabel, wegen dem der Vogel seinen Namen hat. Capybaras, die grössten Nagetiere der Welt, sind sehr weit verbreitet und wir sehen sie fast wie Sand am Meer in grösseren Gruppen, immer wieder entlang der Strasse. Und viele weitere Tiere, die wir z.T. noch nie gesehen haben, nicht mal in Bücher oder Filmen. Weitere Highlights im Tierreich sind der grüne Amazonassittich, der blaue Hyazinthara, sowie verschiedene Fischreiher. Und eben weil es das grösste Binnenland-Feuchtgebiet ist, queren wir auf charakteristischen Holzbrücken Wasserlöcher oder Flüsse in welchen ohne Übertreibung hunderte Kaimane schwimmen oder sich am Rand sonnen. So füllen wir auch die kommenden Tage: Das Wunder Natur mit den Zahlreichen Tieren ist uns Attraktion genug, um viele Kilometer so zurückzulegen.
Unsere eigene Safari im Pantanal
Damit wir möglichst viele Tiere betrachten können legen wir die alles in allem etwa 500km (in verschiedenen Etappen) auf Schotterpisten in sehr gemächlichem Tempo zurück. Um uns dem Rhythmus der Natur anzupassen, fahren wir jeweils frühmorgens bei Tagesanbruch ungefähr drei Stunden und dann wieder zur Dämmerung spätnachmittags ebenso lange. Im gedrosselten Tempo, meist unter 20 Stundenkilometern holpern wir über die zu dieser Saison trockenen, staubigen und unebenen Schotterpisten und halten unzählige Male inne, da wir zum wiederholten Male eindrückliche oder ab und zu neue Tiere beobachten können. So begegnen wir auch kurz nach dem Eindunkeln noch einem wilden Tapir, direkt auf der Strasse. Im Scheinwerferlicht haben wir zuerst an eine ausgebrochene Kuh gedacht, aber doch nicht an einen wilden Tapir!
Und schliesslich schaffen wir auf dieser Safar noch ein weiteres Highlight hautnah zu erleben: Der grosse Ameisenbär. Insgeheim war dies unsere Hoffnung im Südpantanal wilde Ameisenbären zu sehen, und so passiert es natürlich auch erst nach der Geduldsprobe und mehreren Tagen mit unserem Safarirhythmus, dass wir dann gegen das Eindunkeln einen grossen Ameisenbären im lichten Unterholz direkt neben der Strasse beobachten können. Wir sind begeistert, der Ameisenbär lässt sich nicht von unserer Präsenz ablenken und sucht munter weiter nach Futter – kleineren Insekten die ihm offensichtlich genüsslich schmecken. Er kommt bis auf 1,5m an uns heran und wir können ihn fast eine Stunde lang beobachten.
Und wir haben so viel Glück an diesem einen Nachmittag, dass wir schlussendlich vier grosse Ameisenbären beobachten können, der erste war aber der Strasse so nah, dass wir weniger als 5m entfernt etwa eine Halbestunde beim Ameisenbär bleiben konnten. Zusätzlich sehen wir, zu unserer Überraschung einen viel kleineren Ameisenbär, der Tamandua oder kleiner Ameisenbär. Damit können wir beruhigt auf die nächste Etappe unserer Safari durchs Pantanal aufbrechen.
Transpantaneira, einmal mitten ins Zentrum vom Pantanal
Die Transpantaneira ist eine unbefestigte Strasse, etwa 150km lang welche Porto Jofre mit der nächsten Stadt, Poconé, verbindet. Da sie noch tiefer ins Pantanal führt hoffen wir auf weitere Begegnungen mit vielen exotischen Wildtieren. Durch die extreme Trockenheit, ironischerweise im grössten Feuchtgebiet der Welt, welche schon seit mehreren Jahren anhält, sind nur noch die letzten etwa 50km vor Porto Jofre einigermassen grün und mit entsprechendem Tierleben gefüllt. Wir sehen wiederum von Kaimanen überfüllte Wasserlöcher, viele Vögel und sogar Otter. Ausserdem sehen wir viermal eine kleine Wildkatze, den Jaguarundi. Der Jaguarundi hat wenig Ähnlichkeit mit einem Jaguar nebst der Grundphysiologie einer Raubkatze. Toll, und gleichzeitig sind die Katzen sehr scheu. Wir sehen sie immer an einem Wasserloch am Trinken oder nahe dabei. Sobald sie uns jedoch bemerken, ziehen sie sofort eher schnell weit weg ins Gebüsch, fort von der potenziellen Gefahr. In den Wasserlöchern haben wir sogar Schildkröten gesehen. Alles in allem ein weiterer spannender Abschnitt unserer Safari durch das Pantanal. Bei einer Farm halten wir an um Pantanal-Honig zu kaufen und werden direkt von hunderten Affen begrüsst.
Durch die Berühmtheit der Transpantaneira haben wir uns aber doch etwas mehr erhofft, da wir so positiv beeindruckt waren von den Strassen im Südpantanal. Aber wie bereits geschrieben, es kann an der grossen, langanhaltenden Trockenheit liegen die momentan vorherrscht.
Wilde Jaguare im Pantanal
Unsere Motivation, überhaupt über schlechte Strassen so weit in eine abgelegene Region von Brasilien zu fahren ist der Jaguar. Im Moment, das heisst zwischen Juli und September, ist die jährliche Trockenzeit im Pantanal. Das treibt die Jaguare etwas aus dem Dschungel und nahe an die grossen Flüsse, die durch das Pantanal fliessen. Diese führen ganzjährig Wasser und bieten somit Nahrung für alle im Pantanal lebenden Tiere. Das ganze Wildleben konzentriert sich während dreier Monate alljährlich an diesen Flüssen. Perfekt für uns Touristen – wir gehen auf Foto-Jagd auf dem Speedboot.
Eineinhalb Tage sind wir auf dem Wasser rund um Porto Jofre unterwegs. Mit einem hervorragenden Kapitän, der uns stets für das beste Fotosujet positioniert und einem ausgewiesene Naturspezialisten als Guide starten wir bei Sonnenaufgang und lassen nicht locker, bis die Sonne wieder unter geht. Natürlich mit dem nötigen Verpflegungsstopp – ohne mampf kein Kampf – wie überall auf der Welt. Bereits nach den ersten Stunden sind wir immer noch auf dem Wasser aber bereits richtig glücklich. Wir sehen ein Jaguar beim Rumliegen und Nichtstun, dann einen bei der Essenssuche inklusive Anpirschen. Aber leider hat der Jaguar sein Mittagessen, ein Kaiman, dieses Mal nicht erwischt. Weiter geht die Fahrt rauf und runter über den Fluss. Das Erlebnis ist aber ein etwas grösseres Spektakel – wir sind lange nicht die Einzigen und schon gar nicht das einzige Boot, das unterwegs ist. Bei Jaguarsichtungen geben sich die Kapitäne gegenseitig über Funk Bescheid. Gut für die Touristen, aber halt weniger gut für ein ruhiges, einsames Erlebnis. Für Jaguare nehmen wir das aber gerne in Kauf.
Wir sehen einen weiteren Jaguar etwas später am Tag in einem anderen Revier auf der Nahrungssuche direkt am Flussufer. Der Blick ist immer auf den Fluss oder ins dichte Grün am Flussufer gerichtet – da verstecken sich die Kaimane am liebsten. Wir können den Jaguar über eine Stunde lang beobachten, wie er am Ufer entlang pirscht.
Und schliesslich sehen wir ein Jaguarpaar am Strand bei der Paarung. Also so weit haben wir viele Lebenssituationen eines Jaguars gesehen. Einzig ein Jaguarjunges bleibt uns verwehrt. Andere Touristen haben mit der gleichen Jaguar Safari am Vortag ein Jaguarjunges mit seiner Mutter beobachten können. Und am zweiten Tag, 10 Minuten bevor wir wieder zurück nach Porto Jofre fahren, dann doch noch: Ein Jaguar hat ein Kaiman erlegt und quert mitsamt Beute den Fluss. Schwimmen können Jaguare im Gegensatz zu vielen Katzen gut und tun das auch gerne. Das perfekte Foto ist schliesslich der Jaguar stolz am anderen Ufer des Flusses, mitsamt dem grossen, erlegten Kaiman in der Schnauze! Wildes Leben in der rausten Form, das gehört auch zum Leben dieser imposanten Raubkatzen.
Schön ist auch, dass die meisten Jaguare hier in diesem Gebiet zur Welt gekommen sind und ihr Revier hier haben, so kennt unser Guide, nach Prüfung der Fellzeichnung, jeden Jaguar beim Namen und kann uns dessen Geschichte und Verwandtschaftsgrad mit anderen Jaguaren erzählen.
Ganz beiläufig als Lückenfüller haben wir noch viele weitere wilde Tiere, vorwiegend Vögel, beobachten können. Besonders interessant ist ein junger Schwarzbussard, der gerade ein Fisch am Ufer verspeist. Aber nicht ohne über die reiche Beute beneidet zu werden. Bald machen sich zwei Schopfkarakara daran, den Fisch vom Schwarzbussard zu klauen. Nach etwa fünfminütigem Kampf dann die Genugtuung: Der Schwarzbussard behält seine Beute und hat die Neider abgewehrt.
Ein zweiter Lückenfüller waren ein Paar Riesenotter die uns über hunderte Meter begleitet haben. Und Riesenotter fangen deutlich mehr Beute als Jaguare: In der kurzen Zeit sind es bestimmt drei, vier Fische, die die Otter augenscheinlich genüsslich verspeisen bevor ihre Jagd auf einem grossen Baumstamm, der ins Wasser gefallen ist, endet, um sich ein wenig zu sonnen.
Das alles und noch viel mehr Wildtiere als in einen Blogpost passen konnten wir in grosser Dichte im Pantanal erleben. Ein Naturspektakel das ebenbürtige Rivalen sucht! Einzig auf den Rückweg freuen wir uns etwas weniger. Nun da wir die Transpantaneira mit ihren 127 Brücken, teilweise einfache Holzbrücken, kennen, wissen wir: Nur mit viel Geduld können wir und vor allem unser Campervan Ben die 150km Rückfahrt unbeschadet überstehen. Aber das Erlebnis so viele wilde Jaguare und auch viele weitere Tiere zu sehen, macht die schlechte Strasse wieder wett. Somit hat sich unsere individuelle Pantanal Safari ausserordentlich gelohnt. Wir sind richtig happy haben wir die langen Fahrtstrecken durch Bolivien nach Brasilien unter die Räder genommen für diesen Abstecher in das wirklich einzigartige Pantanal.
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