Salento – in der Kaffeezone Kolumbiens

von | 17. Mai 2024 | Kolumbien, Südamerika | 0 Kommentare

Wir kommen weiter südlich und befahren nun die Kaffeeroute in Kolumbien. Die meisten Kaffeeanbaugebiete Kolumbiens liegen auf über 1’200m und sind somit für den Arabica-Kaffee geeignet. Aber dazu in einem der nächsten Abschnitte mehr. Salento selber ist ein schmuckes, kleines Bergdorf auf ungefähr 2’000m. Die Kulisse fasziniert uns immer wieder: Im Hauptpark im Zentrum von Salento wachsen auch auf dieser Höhe Palmen. Dahinter wolkenverhangene Hügelketten und gut 20°C. Für uns passt das gemässigte Klima, aber dass es den Palmen hier auch gut geht ist für uns ein wenig ein Rätsel. Frost gibt es hier wohl keinen, dieser wäre wahrscheinlich tödlich für die tropische Kulisse im Stadtpark.

Kaffeetour bei Luger

Mitten in der Kaffeezone von Kolumbien gönnen auch wir uns ein Eintauchen in die Anbaukultur. Dazu wählen wir eine kleine Kaffeefarm etwa eine Stunde Fussmarsch ausserhalb von Salento aus. Bereits auf dem Hinweg werden wir wieder von der Herzlichkeit der Kolumbianer beschlagnahmt. Ein Auto fährt auf der unbefestigten Strasse an uns vorbei und hält dann doch an. Wollt ihr nicht mitfahren? Zu Fuss gehen ist in Kolumbien überall eher ein müssen als ein wollen – wir nehmen die Einladung an und kommen so ein ganzes Stück schneller als gedacht vorwärts zu unserer Kaffeetour bei Luger.

Die Kaffeetour ist in drei Segmente unterteilt. Zuerst werden uns die theoretischen Grundlagen von gutem Kaffee beigebracht. Anschliessend werden wir für eine halbe Stunde zum Kaffeebauern und wir ernten selber die roten Kaffeebeeren. Schliesslich werden wir zum Kaffeeröster und verarbeiten unseren eigenen Kaffee. Als krönenden Abschluss werden wir für eine kleine Tasse zum Kaffeesommelier und probieren die soeben hergestellte Portion Kaffee vor Ort. Also, nun alles mit ein wenig mehr Details der Reihe nach.

Im Gegensatz zu den grossen Kaffee-Tour-Anbietern, gibt es bei Luger keine Gruppen von bis zu 40 Personen pro Tour. Wir haben zu zweit einen eigenen Guide und obwohl gleichzeitig noch andere Interessierte ankommen, bekommen diese ebenfalls einen eigenen Guide. Für uns perfekt – wir mögen kleine Gruppen viel lieber, da man so auch wirklich dazu kommt Fragen zu stellen und alles mitbekommt, was der Guide erzählt. Das wir den ganzen Prozess mitmachen und -erleben können ist ein weiterer Pluspunkt und zuletzt, aber vielleicht fast der wichtigste Punkt; Man merkt richtig, wie der Kaffeeprozess unseren Guide begeistert und diese Begeisterung überträgt er voll und ganz in die Tour. Wir haben schon sehr lange nicht mehr so eine grossartige Tour besucht!

Unterschied zwischen Arabica und Robusta Kaffee

Es gibt hauptsächlich zwei Unterschiede zwischen den weltbekannten Kaffeesorten Arabica und Robusta. Der offensichtlichste ist der Geschmack. Robusta hat viele Bitternoten von sich aus und beeinflusst so den finalen Geschmack des Kaffees wesentlich – sei es in einer Mischung oder bei ausschliesslicher Verwendung von Robusta Kaffee. Der zweite gewichtige Unterschied ist der Koffeingehalt des Kaffees. Arabica Kaffee hat viel weniger Koffein. Das ist aufgrund der verschiedenen Anbauhöhen des Kaffees so. Arabica gedeiht am besten zwischen 1200m und 2400m Höhe. In diesen Höhen hat es weniger Insekten, die die Pflanze angreifen und entsprechend produziert der Arabica Kaffee weniger von seinem Insektenschutzmittel Koffein. Robusta Kaffee hingegen ist an keine Mindesthöhe gebunden und wächst am besten zwischen Meereshöhe und etwa 1000m.
Entsprechend wird bei der Kaffeefarm Luger ausschliesslich Arabica Kaffee angebaut wegen der Höhe von rund 2000m. Hinzu kommen die vielfältigeren Geschmacksnoten des Arabica Kaffees, da die feinen Noten nicht von der starken Bitterkeit wie beim Robusta übertönt werden. Zusätzlich werden in den Kaffeehainen Zitrusfrüchte neben den Kaffeepflanzen kultiviert, um durch dadurch möglicherweise Zitrusnoten in den finalen Kaffee einfliessen zu lassen. Allgemein ist das Aroma des Arabica Kaffees sanfter und fruchtiger als viele Kaffees, die wir bis jetzt probiert haben. Das Zubereitungsverfahren spielt hierbei aber auch eine gewichtige Rolle, jede Phase der Kaffeeproduktion und Zubereitung hat seinen gewichtigen Einfluss auf das Endergebnis. Qualitativ hochwertiger Kaffee ist also ein Arabica Kaffee mit vielen verschiedenen Geschmacksnoten aber keiner Bitterkeit. Die Bitterkeit kann bei Bedarf immer noch über die Röstung oder das Brühverfahren hinzugefügt werden, ist aber eigentlich schade da die vielen feinen Geschmacksnoten dabei verloren gehen.

Die Schritte der Kaffeeproduktion

Die Schritte der Kaffeeproduktion sind die bekannten. Der Kaffee muss zuerst reifen, bis die Kaffeebeeren rot und reif sind. Sie reifen nicht alle gleich schnell und so müssen die roten Beeren von Hand von der Kaffeepflanze abgelesen werden. Die Grünen werden in Ruhe gelassen, sie werden zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls reif und ein frühzeitiges Ablesen würde entsprechend Ernteeinbusse bedeuten. Danach werden im klassischen Verfahren die Kaffeebohnen aus den Kaffeefrüchten gepresst und im Wasserbecken gewaschen. Das Waschen dient nicht nur um einen kleinen zuckerhaltigen Film auf der Bohne zu entfernen, es dient auch dazu die guten von den schlechten Bohnen zu trennen. Die durch Insekten angegriffenen Bohnen schwimmen oben auf und können vor der weiteren Verarbeitung abgeschöpft werden.

Interessanter Fakt: Kolumbien hat selber keine grosse Kaffeekultur und es wird zu allen Tageszeiten der sehr leichte Tinto serviert. Das ist der typische kolumbianische Kaffee, der sehr günstig an allen Strassenecken und teilweise auch in Restaurants serviert wird. Dabei handelt es sich aber eigentlich um ein Abfallprodukt aus der Kaffeeproduktion. Die abgeschöpften Bohnen, welche nicht für die qualitative Weiterverarbeitung geeignet sind werden trotzdem geröstet um die Insekten zu neutralisieren und daraus wird dann Tinto gebrüht. OK – vielleicht lohnt es sich also in Kolumbien ein Tinto weniger und ein richtiger Kaffee mehr zu trinken?!

 Die guten Kaffeebohnen werden nun getrocknet, um die grüne Kaffeebohne zu erhalten. Der Prozess ist unterschiedlich. Bei der kleinen Kaffeefarm Luger werden die Bohnen sonnengetrocknet. So dauert es viele Tage, je nach Produktionsprozess bis zu 8 Monate, um die Bohnen zu trocknen. Für den regulären Kaffee dauert die Trocknung etwa einen Monat. Danach ist die Bohne bereit entweder für den Export oder für die Weiterverarbeitung. Jetzt wird die zweite Haut der Kaffeebohne entfernt und der Röstprozess beginnt. Schliesslich wird die Bohne zu Kaffeepulver zermahlen, um daraus schliesslich den Kaffee zu brühen.

Kaffee selber ernten

Nach der theoretischen Einführung werden wir mit Hut, Poncho und Korb eingedeckt und werden so stilecht und fühlbar zum Kaffeebauern. Unser Guide Alejandro führt uns in die Kaffeeplantage, wo wir selber für die nächsten paar Minuten Kaffee ablesen. Aber wichtig: Nur die roten Kaffeebeeren! Ganz nebenbei, echte Kaffeebauern und deren Angestellte machen diese Arbeit unter Bezahlung nach Menge. So schuften viele dieser Menschen Tag für Tag um die 12h um so an guten Tagen etwa 150-200kg reife Kaffeebeeren zu pflücken. Ein Halten gibt es wohl nicht, die Bezahlung sei so tief, dass bei jeder Witterung und jeder Tag weitergearbeitet werden muss, um ein aushaltbares Einkommen für die Familie zu erzielen.

Nach der Ernte wird der Kaffee durch eine mechanische Maschine weiterverarbeitet, welche die Kaffeebohne von der äusseren Schale separiert. Diesen Prozess haben wir in einer etwas ausgedehnteren Form bereits in San Pedro, Guatemala, bei unserer Spanischschule mitmachen dürfen. Die Bohnen fallen von da direkt ins Wasserbad um sie wie oben beschrieben zu waschen und der Qualitätskontrolle zu unterziehen.

Kaffee rösten

Beiläufig können wir das Trockenbeet der Kaffeebohnen betrachten. Natürlich haben wir jetzt nicht mindestens vier Wochen Zeit, um den Bohnen beim Trocknen zuzusehen. Vielmehr Rösten wir jetzt zwei Hände voll Kaffee von anderen touristischen Sammlern zusammen mit Alejandro. Zuerst wird die feine zweite Haut von den Kaffeebohnen gelöst. Danach wird die grüne Kaffeebohne ohne grossen technischen Aufwand in einer Eisenpfanne über der Gasflamme auf einem normalen Kochfeld geröstet. Einzig: Ständiges rühren ist enorm wichtig, um ein gleichmässiges Ergebnis zu erhalten. Die Geschwindigkeit beeindruckt uns. Um die zwei Handvoll Bohnen mit einem mittleren Röstgrad zu rösten vergehen nur etwa sieben Minuten. Die Farbveränderung der Kaffeebohnen ist ebenso spannend. Die grüne Bohne wird bald einmal recht gelb. Dies wäre der erste mögliche Röstgrad, ein solcher Kaffee hat wenig bis keine Bitternoten. Nach und nach werden die Kaffeebohnen dann bronzen und schliesslich schokoladenbraun. Dies ist eine mittlere Röstung und wir wollen die natürlichen Aromen des Kaffees gepaart mit einer leichten Bitterkeit erhalten. Die Kaffeebohnen kommen weg von der Flamme, etwas abkühlen mit kalter Luft damit die Bohnen nicht weiterrösten. Fertig ist unser eigener Kaffee!

Kaffee aus eigener Produktion probieren

Nun folgt die Kür zum ganzen Produktionsprozess. Wir mahlen den frischen Kaffee und dürfen den soeben gerösteten Kaffee probieren. Bei Luger wird nicht ein ausgefallenes Brühverfahren angewendet, einfach das Kaffeepulver mit heissem – aber nicht kochendem! – Wasser in einem Baumwollsäcklein übergiessen und fertig ist unser Kaffee. Erstaunlich! Dieser Kaffee hat fast nichts mit dem europäischen Qualitätsstandard von italienischem Kaffee zu tun, er ist aber trotzdem auf seine Art gut. Alejandro ist stark der Meinung, dass diese italienische Art des Kaffeebrauens zwei Nachteile hat. Erstens werden unter hohem Druck und hoher Temperatur die Bitterstoffe zu stark gewichtet. Zweitens werden die Kaffees vielfach sehr dunkel oder zu dunkel geröstet, dass die Qualität mit der zu starken Röstung schliesslich wieder minimiert wird.

Kolumbianer können den ganzen Tag ihren Tinto oder auch einen Kaffee wie wir ihn selber gebraut haben trinken. 10 bis 20 Tassen ist keine Seltenheit, ohne eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens zu erleiden. Der starke italienische Kaffee mit viel Koffein und viel Bitterstoffen hingegen würde auch unser Guide Alejandro nur für wenige Tassen am Tag vertragen. So leitet er für sich und wohl für ganz Kolumbien ab, dass ihre einfache Braumethode wohl die bessere und verträglichere ist.

Wir sind gespalten, denn so ein dickflüssiger, fast schon schokoladig anmutender italienischer Espresso hat auch etwas für sich. Nichtsdestotrotz müssen wir Alejandro recht geben, dass die sehr feinen Aromen bei der kolumbianischen Brühmethode besser zur Geltung kommen.

Und schliesslich vergessen wir fast den Poncho und Hut wieder abzugeben, wir könnten noch eine Weile in der Kaffeefarm verweilen – die Tour hat Spass gemacht und Alejandro war mehr als motiviert uns ein eindrückliches Kaffeeerlebnis zu bieten. Gerne wieder!

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