Auf der Reise auf dem Panamericana-Highway stellt sich für allen Landreisenden die Frage: Wie überwinde ich den Darien Gap. Der Darien Gap ist ein Stück Dschungel zwischen Panama und Kolumbien. Ursprünglich war der Plan der Panamericana eine Autobahn von weit unten in Südamerika bis hinauf nach Alaska zu bauen – durchgehend. Die Idee ist genial, einzig der Urwald auf dem schmalen Landstück zwischen Kolumbien und Panama wurde bis heute nicht überwunden. Zusätzlich zum Dschungel haben viele paramilitärische Gruppierungen den weitgehend unzivilisierten Landabschnitt für sich in Beschlag genommen. Ausserdem gibt es viele Schlepperbanden, die Menschen von Süden nach Norden in Richtung der Vereinigten Staaten von Amerika durch dieses unwegsame Gelände schleppen und so ebenfalls nicht zur Sicherheit von Touristen beitragen. Alles in allem: Undurchdringbares Land für normale Touristen wie uns. Es bleibt nur: Eine weitere Verschiffung von unserem Campervan Ben.
Nachfolgend beschreiben wir etwas detaillierter die einzelnen Schritte dieser Verschiffung. Für alle die etwas mehr Durchblick im Verschiffungsdschungel erlangen wollen.
Erste Kontaktaufnahme mit Verschiffungsagenturen
Da wir mit vertretbarem Zeitaufwand zu einer Verschiffung kommen möchten schreiben wir mehrere Verschiffungsagenturen an. Diese sind einfach über eine Suche im Netz zu finden. Wir haben zum Beispiel mit IVSS UK über den Darien Gap verschifft. Vielleicht könnte es günstiger kommen selber Hafenagenten zu suchen und diese den Slot auf dem Schiff zu buchen, aber dann ist der Zeitaufwand deutlich grösser.
Um auf der frühen Seite zu sein reicht eine Kontaktaufnahme etwa 3 – 4 Monate im Voraus. Die Fahrpläne waren in unserem Fall nicht eher als 2 Monate vor dem Verschiffungsdatum fixiert.
Bei der Kontaktaufnahme ist zwingend mitzuteilen, ob die Verschiffung in einem Container erfolgen soll oder per RoRo oder Flatrack. Durch unsere Höhe mit etwa 2.85m haben wir die RoRo-Verschiffung gewählt. Sie ist zwar einiges teurer (rund 2000.- € mehr als Container), jedoch müssen wir so keine Aufbauten auf dem Dach abmontieren und uns um die Millimeterarbeit kümmern, um in den Container zu passen. Wenn die Höhe bei euch kein Killerkriterium wie bei uns ist, ist immer ein Container vorzuziehen. Momentan sind die Kosten beim Teilen eines Containers mit einem anderen Overlander günstiger und die Sicherheit ist viel besser, da keine Fahrzeugschlüssel abgegeben werden müssen und der Container bis zur Entgegennahme im Zielland verschlossen bleibt. Bei RoRo wird der Schlüssel abgegeben und man weiss nie so genau, wer damit alles Zugang zum Camper bekommt, resp. Ob überhaupt abgeschlossen wird.
Bestätigung des Fahrplans und Verschiffungsdatum
Als nächsten Schritt wird im Austausch mit der Verschiffungsagentur ein passendes Verschiffungsdatum anhand der Schiffsfahrpläne definiert. Hier gilt es darauf zu achten, dass es Direktrouten zwischen Panama und Kolumbien gibt und andere mit vielen Zwischenstopps. Da uns die Zeit ohne Campervan Ben einiges an Hotels und Auswärtsessen kostet möchten wir natürlich eine direkte Route buchen. So dauert die effektive Überfahrt gerade einmal einen Tag.
Sobald die Buchungsbestätigung vorliegt, wird häufig auch eine Anzahlung fällig. Diese war in unserem Fall recht klein im Verhältnis zum Gesamtbetrag.
Prozess, um den Van in Panama im Hafen abgeben zu können
Damit wir überhaupt erst dran denken können den Van im Hafen von Colon, Panama, abzugeben müssen wir zuerst eine Inspektion der Justiz von Panama durchlaufen (DIJ Vehicle Inspection). Zusätzlich muss man mit dem Termin flexibel bleiben, da das Dokument, das ausgestellt wird nur 8 Tage gültig ist. Somit muss beim Verschieben des Verschiffungstermins auch diese Inspektion hinausgeschoben werden. Das Verfahren ist alles andere als touristenfreundlich. Wir müssen uns frühmorgens (um zehn nach 6 Uhr sind wir da) in einer Warteschlange einreihen um unseren Kontrollslot zu reservieren. Um diese Zeit sind wir bereits Nummer 15 – und es werden anscheinend nur 25 Autos pro Tag kontrolliert.
Jetzt heisst es warten. Vor 07:30 Uhr bewegt sich nichts, wir behalten einfach unser kleines Zettelchen mit der Nummer 15 und tauschen uns mit Mitreisenden aus. Viele werden wir noch etliche Male in den beiden Häfen und später auch noch auf Campingplätzen in Kolumbien wiedersehen.
Mit der Nummer 15 sind wir noch die letzten, die in der ersten Charge kontrolliert werden. Der Kontrolleur muss zuerst die Kopien verifizieren: 2x Passkopie des Fahrzeughalters, 2x Passkopie des Einreisestempels nach Panama, 2x Kopie des Fahrzeugausweises, 2x Kopie vom TIP (temporäre Fahrzeugeinfuhr nach Panama). Dies dauert schon mal eine gute Stunde. Nach diesem Schritt läuft der Inspektor alle Fahrzeuge wieder der Reihe nach ab, um die VIN zu kontrollieren. Und das ist auch die einzige Information, die den Inspektor wirklich interessiert. Um etwa 10 Uhr sind wir damit für den Moment fertig. Damit wir aber das Fahrzeug verschiffen dürfen müssen wir um 13 Uhr führ die nächste Warterunde auftauchen. Ab 13 Uhr am gleichen Tag warten wir auf die Ausstellung des offiziellen Schreibens, dass wir unser Auto wieder aus Panama ausführen dürfen. Das Antragsformular in diesem Büro ist in 2 Minuten ausgefüllt. Bis wir das Dokument erhalten (wieder warten wir auf alle in der Gruppe und nicht bloss einer nach dem anderen…) vergeht der ganze Nachmittag bis wir um etwa viertel nach Vier endlich Besitzer einer offiziellen Ausfuhrerlaubnis für Ben sind. Wichtig hier; unbedingt alle Angaben auf dem Dokument auf Fehler überprüfen, ein Rechtschreibefehler kann die ganze Verschiffung stoppen! Und tatsächlich bei den ca. 20 Anwesenden hat es doch bei rund 4 Personen Fehler drin!
In der Zwischenzeit senden wir die oben erwähnten Dokumente als Foto per Mail an unsere Agentur, damit die ebenfalls die Papierarbeit auf ihrer Seite erledigen können. Damit sind wir bereit für die Abgabe im Hafen in Panama.
Abgabe des Campervans in Colon, Panama
Die Verschiffung wurde im Voraus einige Male um wenige Tage hinausgeschoben. Am Schluss war der effektive Verschiffungstermin rund eine Woche später als ursprünglich geplant und bestätigt. Dies ist normal und kein Grund zur Sorge. Eine gewisse Flexibilität muss bei der Verschiffung immer an den Tag gelegt werden.
Jetzt ist endlich der Tag der Hafenabgabe gekommen. Um 08:30 sollen wir in Colon, Panama sein um unseren Campervan Ben auf das Hafengelände zu fahren und die Verschiffung ohne ihn abzuwarten. Die Abgabe an sich verläuft recht unkompliziert und für insgesamt neun Fahrzeuge in unserer Gruppe recht zügig, nur etwa 4 Stunden. Es werden mehrere Kontrollen durchgeführt. Unteranderem wird der allgemeine Zustand des Fahrzeugs dokumentiert sowie mit einem Drogenspürhund auf unerlaubte Substanzen getestet. Macht zwar wenig Sinn in südlicher Richtung, aber alles soll seine Ordnung haben. Und als Novum wird bei uns bei dieser Verschiffungsroute zum ersten Mal nach Lithiumbatterien geschaut. Diese sind schon länger gemäss Reglement nicht erlaubt, aber die effektive Prüfung fand erst jetzt zum ersten Mal auf dieser Route statt. Und tatsächlich wurden bei einem Van die Batterien beanstandet und der Fahrzeughalter musste die zwei schweren Batteriepakete wieder mit aus dem Hafen nehmen. Für Reisende, die im Voraus der Agentur Bescheid geben besteht die Möglichkeit, die Batterien früher abzugeben und mit einem Container zeitnah zum Fahrzeug zu verschiffen. So hat dann auch die Verschiffung der Lithiumbatterien seine Richtigkeit. Einziges Manko: Der Van ist schon einige Tage vor der Abgabe und ein, zwei Tage nach Empfang nicht einsatzfähig, weil die Batterie(en) noch fehlt.
Die Wartezeit bis wir unseren Campervan Ben in Cartagena wieder entgegen nehmen können ist für eine so kurze Verschiffung doch länger als gedacht. Bei uns kommt noch zufälliges schlechtes Timing hinzu. Wir geben den Campervan am FR, 23.02.2024, in Colon, Panama ab. Das Schiff lädt Ben am DO, 29.02.2024, auf und bereits am FR, 01.03.2024, in Cartagena, Kolumbien wieder aus. In Cartagena können wir Ben am Mittwochabend, 06.03.2024, endlich wieder in Empfang nehmen. Ganze 12 Nächte mussten oder durften wir so in Hotels und AirBnBs verbringen, bis wir unseren Camper wieder hatten. Für eine Verschiffung von gerade mal einem Tag und Luftlinie 500km Distanz.
Entgegennahme unseres Campervans in Cargagena, Kolumbien
Um die Entgegennahme in Cartagena, Kolumbien zu organisieren mussten wir recht oft selber per WhatsApp bei unserem Hafenagenten nachfragen, was Sache ist. Obwohl wir für deren Service zahlen, ist das Informieren der Kunden anscheinend nicht im Preis inbegriffen. Am Montag mussten wir zum ersten Mal im Büro vorbei um die Hafengebühren und den Agenten zu bezahlen. Da erfuhren wir dann, dass wir am nächsten Tag für zwei Unterschriften ins Zollbüro am Containerhafen gehen sollen und schliesslich wurden wir dann am dritten Tag in den Hafen mit den Fahrzeugen etwa 30km ausserhalb von Cartagena gefahren um das Fahrzeug wieder entgegen zu nehmen. Dies war soweit eigentlich so reibungslos. Einzig die zurückhaltende Kommunikation unseres Agenten machte diesen Prozess eher anstrengen, da wir nicht recht wussten, wann was geschehen soll.
Eine extra Hürde gab es währen diesen drei Tagen doch noch. Wir müssen die obligatorische Haftpflichtversicherung für Personenschäden in Kolumbien lösen, ohne dass wir das neue TIP (temporäre Einführerlaubnis für das Fahrzeug) in den Händen halten. Dies geht nur via einen weiteren WhatsApp-Kontakt, der natürlich mehr als das Doppelte der eigentlichen Versicherungsprämie verlangen kann. Auf dem offiziellen Weg bei einer Versicherung mit Büros in Cartagena ist es nur möglich mit dem TIP, was dann mindestens einen Tag Verzögerung beim Auslösen des Autos aus dem Hafen bedeutet. Gegengerechnet mit den Kosten von Hotel und Verpflegung in der Stadt, entschliessen wir uns für die teure Versicherung.
Schliesslich wurde der Fahrzeughalter, bei uns Paddy, gegen Mitte Nachmittag ins Büro des lokalen Hafenagenten bestellt. Von dort geht es im Sammeltaxi zum Hafen und mit einiger Wartezeit (etwa 1.5 h) dann schliesslich ins Hafengelände. Der eigentliche Prozess ist wieder nur wenige Minuten bis das Auto aus dem Hafen gefahren werden darf.
Und so sind wir endlich auf unserem Wunschkontinenten Südamerika angekommen!
Kostenzusammenstellung
Für alle, die noch nach uns diese Verschiffung in Angriff nehmen stellen wir hier unsere Kosten als grobe Anhaltspunkte zusammen. Dies soll als Referenz- und Orientierungspunkt dienen. Und übrigens: Bekannte von uns haben auf dem gleichen Schiff von Galveston, Texas, nach Cartagena, Kolumbien verschifft und weniger für die Verschiffung mit einem gleichgrossen Fahrzeug als RoRo-Verschiffung bezahlt. Diese Info könnte auch noch als Anregung dienen, um kreativere Routen in Betracht zu ziehen.
Hafengebühr und Agent Panama: 220.- US-$ / 195.- CHF
Verschiffungsgebühr mit IVSS UK: 4061.- € / 3’900.- CHF
Hafengebühr von Kolumbien: 5’007’400.- COP / 1’140.- CHF
Hinzu kommen Kosten für Übernachtungen in Panama City und Cartagena in Höhe von ungefähr 425.- CHF. Der Flug hat mit 300.- CHF zu Buche geschlagen. Zusätzlich kommen etwa 600.- CHF für Verpflegung während dieser Zeit.
Somit ist es recht offensichtlich, dass so eine Verschiffung mit allen Realkosten doch eher eine Luxusvariante des Reisens ist. Und wir haben noch auf die Kosten der Hotels und Flüge geachtet. Das kann je nach Gusto auch schon nochmal eine andere Hausnummer bedeuten.
Wir sind richtig glücklich, dass die Verschiffung neben den vielen Wartezeiten ansonsten sehr reibungslos und ohne Beschädigung oder Diebstahl verlaufen ist. Wir freuen uns weiterhin riesig auf den für uns neuen Kontinenten Südamerika!
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